Und so klingelte unser Wecker wieder zeitig, aber wir hätten auch auf das Regentrommeln auf unser Zeltdach vertrauen können ...

Und so starteten wir wieder zeitig am Tag mit einem hohen Ziel: der Skålatårnet.
Dieses Mal starteten wir mit T-Shirt und ... einem Schirm. Wir entschieden uns dafür, weil ... der Weg sehr steil ist und wir schwitzen würden. Es regnete und wir brauchten Schutz ... und unsere Kombination funktionierte irgendwie.
So kamen wir recht schnell zur gleichen Stelle, an der wir vor 2 Tagen abbrechen mußten: es regnete genauso, aber unser Schutz funktionierte deutlich besser. Und unser Junior drängelte: er wollte bis auf den Top, unbedingt.
Der Regen ließ nach, wir querten die Brücke über den Fluß. Wir waren guter Dinge: heute schaffen wir es!
Aber nur kurz danach holten uns Wolken und Regen wieder ein. Die Sicht auf den Nordfjord wurde versperrt und es wurde wieder nass von oben.
Wir liefen die steile Strecke nach oben: wir hörten ... ganz deutlich und auch sehr laut einen Wasserfall, nur wo war der? Hier gab es nur Nebel und Wolken, mehr sahen wir absolut nicht.
Wir querten Geröllfelder ...
... und Schneefelder.
Es war eine ganz menschenleere Gegend, wir kamen an einem Gletschersee an.
Wir hatten Hunger und machten hier Rast: Mittagessen war angesagt.

Während wir hier saßen, kam ein deutsches Ehepaar an: die beiden kamen von der nächsten Höhenlage, sie waren auf dem Weg nach unten.

Was die beiden erzählten, klang grauenhaft: Sicht um die 2 Meter, man erkennt kaum die eigenen Füsse. Geht nicht weiter, sagten die beiden, es ist viel zu gefährlich.
Da sagte unser Kleiner wieder ... wir sind soweit, wir schaffen es ... und noch war alles überschaubar. Wir entschieden, wir gehen weiter, soweit wir es uns trauen würden.
Es gab sogar Pausen im Regenwetter. Im Geröllfeld nahe dem Gletschersee entschieden wir uns, weiter zu machen. "Heute knacken wir den Gipfel" war unsere Devise ...
Und schon bald waren wir an der Schneegrenze nach dem Geröllfeld, der See war schon überschaulich ...
... dann kam das Schneefeld: manno, das war wirklich steil. Jeder Schritt raubte Kräfte, es war wie auf einen Sandberg hoch klettern: wie ein Schüttkegel, steil ohne Ende.
Und das Eisfeld fand plötzlich ein Ende, wir kletterten wieder über Steine. Da stand ein Schild "1600m" ... das hieß, wir hatten bereits 1580 Höhenmeter überwunden, brauchten nur noch etwas über 200 Höhenmeter nehmen, um am Ziel anzukommen. Das Schild gab uns wieder Kraft, wir werden es schaffen!
Gleich nach den Steinen ... waren wir wirklich mitten in den Wolken: Sichtweite keine 5 Meter. Ich befürchtete, das der Schneesturm unsere kleine Spur im Schnee verwehen würde ... wie finden wir wieder wohl zurück? Wenn unsere kleine Spur verwischt ist, reicht das GPS, um den Weg zurück ins Tal zu orten? Würden die Batterien wohl reichen?
Aber kurz danach kamen wir an einem Stein vorbei "15 Minuten" ... damit konnte nur der Top gemeint sein. Wir werden es schaffen!
Die Schneedecke wurde immer dicker, die Spur kaum erkennbar. Ich dachte mir: wir trafen hier und heute noch niemanden. Die Spur mußte Tage alt sein: also wird die Spur auch diesen Tag überleben, wir werden zurück finden!
Kurz danach kamen wir an steinernen Treppen an, die voller Schnee waren. ich hatte gelesen, hier oben auf Skåla wollte man eine Klinik zur Therapie von Lungenkrankheiten aufbauen, was aber irgendwie vor 100 Jahren fehlschlug. Die Treppen gibt es heute noch und sie mußten kurz vor dem Top sein: also ... vorwärts!
Wir sahen total zugefrorene Steinmänneln unterwegs: kaum erkennbare Wegweiser, weil manche nur aussahen ... wie ein großer Schneehaufen.
Aber plötzlich ... sahen wir einen Hut im Schnee ... etwas näher ... erkannten wir, das ist der Turm Skålatårnet. Und auch hier noch war jeder Schritt einfach nur noch anstrengend.
Im totalen Nebel ... erreichten wir den Top des Skålas und gingen natürlich in die Hütte. Oben im Turm kann man schlafen, falls man eine Notunterkunft braucht.
Wir hatten es geschafft: das Tagesziel Skålatårnet war erreicht, ich fühlte mich glücklich. Wir starteten bei 20 Höhenmetern über Meer, hier findet man sich bei 1848 Höhenmetern wieder: das macht reine 1828 überwundenen Höhenmeter - eine ganz schöne Strecke!!!
Es war kalt im Turm, das Thermometer zeigte gerade mal 2°C an ... aber es war für das leibliche Wohl gesorgt, wir hätten hier problemlos haushalten können, für mehrere Tage: eine wirklich gut versorgte Hütte!

Natürlich gilt hier das Prinzip "Kasse des Vertrauens": entnimmt man irgendwas, soll man entsprechend Geld hinterlegen. Für uns unbedeutend: wir hatten genügend dabei, wir brauchten nix.
Hier gab es sogar Gummistiefel beschriftet mit "Skålatårnet" ... das ist fast schon ein Souvenir! Holz war auch vorhanden, im Notfall kann man gut im Turm übernachten.

Naja, wir waren ganz in den Wolken ... Sichtweite annähernd Null ... und wir machten uns, etwas deprimiert von miesen Wetter, wieder auf den Weg in die Tiefe.
Beim Stampfen durch den hohen Schnee fiel mir wieder Schnee in die Schuhe und ich bat meine Familie um Hilfe beim Anziehen der Regenhose ... und als die beiden da an mir rumzettelten ... konnte ich nur noch sagen ... hey, hört auf und guckt mal!!!

Mit einem Schlag endeten die Wolken, man sieht die letzten Reste gerade so aus dem Bild rechts oben entschwinden.
Als wenn irgendjemand einen Hebel rumgelegt hätte ... änderte sich das Wetter mit einem Schlag. Wir hatten Sicht bis über den Jostedalsbreen ...
... und über das Tal in der Tiefe.
Damit hatten wir absolut nicht gerechnet. Es war wie eine Belobigung für die anstrengende Tour, es war eine Auszeichnung: wir sahen endlich, wo wir waren!
Wir waren noch nicht weit vom Turm weg und entschlossen uns, nochmals zurück zu gehen. Also stampften wir die paar Höhenmeter bis zum Turm wieder hoch.
Im Nebengebäude lagert nur Brennholz, davon aber genug.
Ich stehe vor dem Skålatårnet: ganz stolz, die vielen Höhenmeter geschafft zu haben.
Und der Blick rückwärts zum Nordfjord? Doch, es war schon atemberaubend.
Und unsere Spuren im Schnee waren auch gut erkennbar: wir fanden den Weg zurück auch ohne GPS.
Unten im Tal spiegelte sich die Sonne im Nordfjord.
Und wir sahen auch den kleinen Gletschersee wieder, dieses Mal aber in einem viel schöneren Licht.
Der See wirkt zwar immer noch kalt, dafür gibt es jetzt wenigstens ein gelungenes Farbenspiel und Reflexionen.
Und wir kamen an der Stelle vorbei, an der wir bergauf einen Wasserfall vermuteten: ohje, nur ein kleiner Bach. Manno, kann man sich täuschen!
Jetzt in der Sonne war es ein Genuss, hier zu sein.
Und die Sonne wurde so warm, dass wir uns auf ein paar großen Steinen zum Sonnen und Ausruhen hinlegen konnten.
Irgendwo dort oben ist der Skålatårnet, aber man kann den Turm wohl nicht von hier sehen - nicht wegen der Wolken, der Turm liegt etwas auf dem Rücken der Spitze.
Bald schon waren wir wieder an der Brücke über den Fluß und waren damit 1000 Höhenmeter tiefer als der Turm. Lag der große Stein auch schon mitten auf dem Weg, als wir hochliefen? Wir haben keine Ahnung mehr.
Die letzten Höhenmeter ... und auch die Sonne verschwand wohl bald.
Wir waren wieder am Parkplatz: doch, es reichte für heute, wir waren knülle. Aber wir waren auch stolz, die Tour geschafft zu haben. Wir waren oben:-)!
Zurück am Oldevatnet sahen wir noch die letzten Sonnenminuten über den Jostedalen: links der Gletscher Melkevoll, in der Mitte ... das wäre doch auch mal ein lohnenswertes Ziel ... der Middagsnibba und Larsnibba.
Wir waren zurück am Campingplatz Gryta: wir stärkten uns und ... planten natürlich den nächsten Tag - das Wetter schien ja endlich gut zu sein!
Trotz Regens waren wir heute hoch motiviert: wir wollten hoch. Und wir waren oben - am Skålatårnet.

Es gibt diesen Lauf hoch zum Turm, den Skåla Opp: Jonathan Wyatt machte als bisherig Bester im Jahr 2010 die Strecke in 1 Stunde, 8 Minuten und 30 Sekunden - ja, und zwar Weg nach oben. Das ist mir vollkommen unklar, beim Gedanken daran fühle ich mich richtig unsportlich ...
Es ist Norwegens steilster Berg. Warum? Die Tour startet auf 20m, der Turm liegt bei 1848 Höhenmeter - das macht satte 1828 Meter Höhendifferenz. Heute brauchten wir für die 16,5km lange Tour 10 Stunden und 50 Minuten - naja, hoch und runter zusammengerechnet, ist aber nur ein schwacher Trost;-).




zum 6. Tag: Ausflug nach Stryn
zum 8. Tag: der Bødalsbreen

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