Gut gelaunt wachten wir nach der gestrigen, anstrengenden Tour auf: nach dem Toast aus der Pfanne machten wir uns auf dem Weg nach Langfjordbotn. Wir trafen Willy nochmals, der uns erklärte, wo genau ... wir hin fahren sollten.

Gestern abend hatte es geschneit, genau dann, als wir uns im Bottich kochen lassen hatten ... es war deutlich milder, wir hatten nur minus 3°C, als wir hier starteten; die Sonne schien, optimale Bedingungen ... für eine Huskytour.
"Unser" Häuschen, zumindest für diese Tage. Eine wunderschöne Gegend, ich war einfach nur fasziniert: Willy sprach von der Zukunft; und das berührte mich sehr.

Einfluss werde ich (leider) wohl keinen haben können ... umso mehr drücke ich (auch mir) die Daumen für eine gute Entwicklung.
Und dann starteten wir in Richtung Osten: wir verliessen die Fylke Troms und stoppten an der Grenze zur Fylke Finnmark: manno, so weit im Norden, dass ist ein Traum!

Alta Kommune, Fylke Finnmark.
Wenige hundert Meter vor Langfjordbotn bogen wir links ab, dort war ein Bauernhof ... und vielen Huskys - wir waren auf Parken Gård Husky. Und es schien, man hätte auf uns gewartet ... sofort kam eine junge Frau auf uns zu, begrüßte uns ganz freundlich, führte uns zum Hundebereich.
Marianne fragte uns, ob wir Angst vor Hunden hätten - ob sie die Hunde frei laufen lassen könnte ... ... ... ... upps ... ich bin ehrlich, als kleiner Junge hatte mich mal ein Hund gebissen, seit dem halte ich lieber Abstand ... aber ... ich wollte diese Tour, unbedingt.

Und ich überlegte kurz ... was sollte werden ... also ... es gab eigentlich nur einen Weg. Trennen. Von den Gefühlen. Sehen, was passiert: ich sagte ihr ... lasse die Hunde laufen.

Im Hof wurden ca. 30 Hunde frei gelassen ... und ihr könnt euch gar nicht vorstellen, was ... dann los ging: die Hunde waren aufgeregt, freuten sich auf die bevorstehende Tour mit uns. Die Hunde wirbelten zwischen uns, beschnupperten uns ... aber niemals sah ich Zähne. Es war so ein Durcheinander, ich gab innerlich jeden Zweifel auf ...
... und half beim Anlegen der Geschirre mit. Die Hunde ... manno ... die hoben die Beine beim Berühren, die wußten, es ging los ... und die freuten sich genauso wie wir auf die Tour. Ganz schnell wurden die Hunde ... zu Freunden.

Vor jedem Schlitten spannten wir 5 Hunde, die beiden ersten waren die Leithunde, die andern 3 ... die Arbeitstiere.
So ging es los: 4 Schlitten, wir hatten jeder unser eigenes Gespann, ganz vorne fuhr Marianne. Und als sie das Zeichen zum Fahren gab, war ein Halten kaum noch möglich - ich hatte das Gefühl die 5 Athleten vor mir zogen den Schlitten trotz gesetzter Bremse vorwärts. Die Hunde ... wollten rennen. Nicht laufen, eben Vollgas!
In den ersten Kilometern galt es, Balance zu lernen: der Schlitten mußte ständig korrigiert werden, wichtig war, das Gewicht auf die richtigen Kufen zu bringen, damit alle Kurven ohne Geschwindigkeitsverlust gemeistert werden konnten.
Lange Zeit ging es bergauf und unsere tapferen Kameraden zogen uns ohne Fragen. Mariannes Lapphund "Nano" war unser stetiger Begleiter, auch wenn wir manchmal ganz schön aufpassen mußten, ihn zu verschonen ... irgendwann sprang er auf einen unserer Schlitten auf und fuhr einfach mit.
An einer Hütte stoppten wir. Tiefschnee pur, hier wurde mit erstmal klar, dass die Hunde uns durch für mich knietiefen Pulverschnee zogen - was für eine Anstrengung.

Marianne hatte selbst gebackenen Kuchen mit, Brote selbst belegt, Kaffee gekocht: ich war durstig ohne Ende, konnte nur wenig essen. Aber mein Junior schaufelte, also ... war die Welt in Ordnung. Die Hunde selbst ... beruhigten sich trotz der Anstrengung scheinbar in Sekunden: sie legten sich hin und schliefen, ruhten sich aus. Mein Gespann war allerdings aufgeregt, den Hunden fiel es schwer, sich zu beruhigen - erst ein Machtwort von Marianne klärte die Situation.
Marianne erzählte uns, sie würde Weltmeisterschaften fahren, sie ist aktuell Sieger im 400km-Lauf. Somit war unsere 21km lange Tour ...... nicht mal wirklich zum Aufwärmen der Hunde ausreichend. Sie hat "Norge på langs" mit diesen Hunden mitgemacht und ihr Traum war Iditarod, ein Lauf über eine Strecke von unvorstellbaren 1800km in Alaska.

Nach dem Essen waren wir bei den Hunden ... ganz nahe. Aber die Pause war zu Ende, es sollte wieder los gehen: und sobald Marianne am Gespann stand, gab es für die anderen Schlitten keine Bremse mehr. Wie die Teufel zogen sie.
Wir fuhren zurück zum Bauernhof, und bei manchen Gefällestrecken erreichten wir Geschwindigkeiten, bei denen mir mulmig zumute war; ich bremste, ständig hatte ich das Gefühl, mit dem Schlitten meine Athleten vor mir eventuell verletzen zu können ... ich hatte alle Achtung vor den Huskys.
Abschlussfoto mit den Hunden: Angst ... nein, die hatte ich absolut vergessen. Kurz abgekniet, kamen die Hunde zu einen ran zum Kuscheln - wie kleine Kinder hatte ich die sportlichen Tiere an mir. Es gab Hunde mit eiskalten blauen und vertrauten braunen Augen: egal, alle hatten die gleichen Charakterzüge, sie waren freundlich und mehr als motiviert.

Danke, Marianne, für das unvergessliche Erlebnis!
Auf der Heimfahrt wurde uns auch bewußt ... es ist der letzte Abend.

Ein tief gefrorener See im Februar in Troms, eine Fylke in Norwegen am nördlichsten Ende Europas.
Im schönen Bootshaus Naustet gab es unser letztes Abendessen: gut, dass wir so ein eingeschworenes Team sind!
Am letzten Abend war sternklarer Himmel, ich stand immer wieder am Fenster ... manno, wenigstens noch einmal, am letzten Abend ... konnte man doch das grüne Licht für uns einschalten.

Nein, nicht passierte. Es war prima Sicht, kalt ... aber kein Nordlicht. Ich stand garantiert eine gute Stunde am Fenster ... bis ... dann .........
... plötzlich erschien ein grüner Streifen am Horizont, über der Laslettind, die wir auch schon bestiegen hatten.

Schnell war die Jacke drüber gezogen, das Stativ gestellt ... und im Minutentakt Fotos gemacht.
Rasch stieg der Lichtbogen über dem Berg auf, entfachte sich ... zum richtig straffen Nordlicht.
Und es wurde bunt: nicht nur grün, es gab rote, lila und blaue Lichter am Himmel, die tanzten ... innerhalb von Sekunden änderte sich der ganze Himmel, auf den Fotos ... konnte man nur statisches festhalten.
Nur 6 Sekunden belichtet: manno, war das eine Verabschiedung von Norge.
Es war, als mache man Lasershow vom Berg gegenüber: innerhalb von Sekunden wanderten grüne Streifen über den gesamten Himmel, es schien, als wolle man die Sternbilder anbrennen und vernebeln ...
Auf der anderen Seite des Lichterbogens sah man eher helle Lichter am Himmel, gelb bis sogar weiße Polarlichter erschienen.
Der ganze Himmel spielte verrückt, ganze Fächer von Licht wurden hochkatapuliert: es wurde so hell, dass sich das Nordlicht im See spiegelte.
Je kürzer man belichtete, so kontrastreicher und formenexakter erschien das Bild: nein, es war nicht gespenstig. Es war einfach nur beeindruckend, unvergesslich. Reizend, einladend.

Liebend immer wieder.
Das Polarlicht fächerte sich immer breiter auf, der Fjord wurde mittlerweile richtig beleuchtet - beeindruckende Bilder entstanden.

Belichtung 10 Sekunden, ISO640, per Canon 60D erstelles JPG - Objektiv: Tamron SP AF 17-50mm F/2,8 XR Di II VC LD Aspherical [IF].
Doppelstreifen über dem Berg Laslettind: die Intensität des Lichtes ging zurück, beeindruckend war es immer noch.
Genauso schnell, wie das Nordlicht erschien ... verschwand es wieder: die letzten Streifen wurden auf Fotos gebannt, dann wurde der Himmel wieder klar.

Aber immer wieder schoß ein grüner Streifen am Horizont hoch, wir mußten jedoch loslassen ... unser Wecker würde in nur 4 Stunden klingeln, es war bereits nach Mitternacht, die grünen Lichter hatten uns alle Zeit vergessen lassen.

Ja, es war nur eine Woche, aber sollte die wirklich schon zu Ende sein?

So skeptisch wie wir starteten, so positiv wurden wir überrascht: das ein Urlaub mit so vielen Fragezeichen so glatt lief, überraschte mich immens. Ich denke, ich glaube, ich bin überzeugt ... das ging nur so, da die Menschen in Troms und Finnmark so geholfen hatten. Vielleicht hat ein wenig geholfen, dass wir norwegisch sprechen konnten.

Danke an alle, die uns im Urlaub begleitet haben!

Bis zur Fylke Finnmark fuhren wir, dort in Langfjordbotn war der Bauernhof Parken Gård Husky. Die rote Strecke war die Huskytour.


Etwas mehr als 22km fuhren die Hunde mit uns ... und es war eins der schönsten und intensivsten Gefühle, das ich seit sehr langer Zeit hatte: umso mehr deswegen, da ich über meinen Schatten springen konnte ... über meine Angst gegenüber Hunden.


Klickt auf die Route für das Höhenprofil der Tour.

zum 5. Tag: mit dem Schneemobil zum Polvatnet
zum 7. Tag: weiter nach Alta

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