Am zeitigen Morgen klingelte unser Wecker, es war ein kalter, wolkenfreier Tag: heute wollten wir unterhalb der Wildspitze wandern und dort eine Gletschertour machen. Wir hatten wieder mit der freundlichen Bergführerstelle in Vent, mit Familie Scheiber gemailt und die Tour fest gemacht: zusammen mit Reinhard sollte es auf dem südlich gelegenen Rofenkargletscher gehen - dort war der Schnee der letzten Tage durch die Sonneneinstrahlung weggeschmolzen, wir würden Blankeis vorfinden.

Also fuhren wir von Längenfeld nach Vent hier trafen wir unseren Führer Reinhard. Zusammen fuhren wir noch ein Stückchen weiter zu den Rofenhöfen und damit bis auf 2000 Höhenmetern - unser Startpunkt für die heutige Tour.

Wir packten unsere Rucksäcke: Eispickel, Steigeisen, Karabiner, Seile.
Und dann stiegen wir auf: bei gleichmäßiger Steigung kamen wir gut voran, Reinhard meisterte den Aufstieg deutlich besser als wir, er erzählte die ganze Strecke bergaufwärts, während wir ganz schön außer Puste kamen.
Wir erreichten die Endmoräne neben dem Gletschersee und waren überrascht, wie hoch und steil die Moräne hier war: es brauchte schon ein paar Atemzüge, um die Höhentauglichkeit wieder zu erhalten - die Anstrengungen des Aufstieges machten sich an diesem gratähnlichen Wall bemerkbar.
Weiter weg sah man die Breslauer Hütte, Reinhard meinte, bis dorthin werden wir heute auch noch gehen.
Und da war der Rofenkarferner: wir standen kurz unterhalb des Gletschers. Es war nur wenig Schnee auszumachen, optimal für unser Vorhaben. Schnell stiegen wir weiter auf, kurz vor dem Gletscher würde Rast gemacht.
Hier wurde gerastet, gegessen ... und die Ausrüstung fertig gemacht. Reinhard als absolut hervorragender Führer erklärte mehr als genug ... und testete ab und an auch, ob wir alles verstanden hatten - wir fühlten uns sicher.

Oben mittig im Bild sieht man die Wildspitze: ein Ziel für den nächsten Kurzurlaub hier?
Der Gletscher oben auf dem Plateau war aufgerissen: eine riesige Gletscherspalte teilte das Eis. Hier wollten wir den Abstieg üben, ab INS Eis.
Wir liefen fast einmal um die Gletscherspalte, auch um ein Gefühl für das Eis zu erhalten: und so seilten wir uns von dieser Seite ein Stück in die Spalte ab. Ziel war es ... mit Mannschaftszug die Bergung aus der steilen Spalte zu bewerkstelligen: und das klappte sogar. Unser kleines Team ... also ohne Reinhard ... konnte mich in der Spalte halten und auch wieder nach oben befördern.

Es ist wohl ziemlich wichtig, nicht in Panik zu verfallen ... und ein wenig auf sich selbst zu vertrauen.
Das war der Blick unten in der Spalte nach noch weiter unten ... ein Ende der Spalte war nicht abzusehen. Reinfallen ist hier keine gute Idee!
Selbst neben der Spalte - und das war für mich ein neues Erlebnis - verdeckte manchmal nur zentimeter hoher Schnee Spalten. Ein Tritt an der richtigen ... oder falschen ... Stelle öffnete die Spalte. Erkennen konnte man das nicht, als die Spalte vorher noch schneebedeckt war.
Wir lernten, wie man Eisschrauben richtig einbaut: neben der Gletscherspalte wurde das Eis freigelegt und zwei Schrauben gesetzt.

Daran wurde das Seil festgemacht, die Erkundung der Spalte konnte beginnen ...
Hier steht mein Junior auf der ersten Sohle der Gletscherspalte ... klickt auf das Bild;-).
Zwei gleichbelastete Eisschrauben: wir verteilten das Gewicht auf beide Schrauben. Interessant war, dass sich die Schrauben nach mehreren Ab- und Aufstiegen tatsächlich von alleine aus dem Eis lösten ...
Hier berge ich gerade meinen Junior mit einer Flaschenzugtechnik aus der Spalte.

Da kommt man ganz schön ins Schwitzen, glaubt mir;-).
Ich übe, ohne fremde Hilfe aus der Spalte aufzusteigen: die Seilsteigklemme und ein blockierendes Sicherungsgerät machen das möglich.

Das geht viel schneller und braucht weniger Kraft, als wenn man den Flaschenzug anwendet.
Nach einigen Ab- und Aufstiegen bauen wir unsere Technik wieder ab, wir wollen den Gletscher queren und dann in Richtung Breslauer Hütte gehen.

Ist das nicht ein wunderschönes Panorama?
Der Gletscher war nicht allzu breit, wir brauchten nicht lange, um das Eis zu queren. Die Steigeisen waren nicht notwendig, es lagen hier ein paar Zentimeter Schnee auf dem Eis.
Am Ende des Eises gab es dann eine kleine Überraschung: die letzten Meter Eis waren unterhöhlt. Vorsichtig steckten wir unsere Köpfe etwas unters Eis ...
... bevor wir dann weiter liefen. Gegenüber ist bereits Italien, meinte Reinhard.

Und ich genoß die alpine Gegend.
Diesen Weg nahmen wir als Aufstieg, abwärts gehen wir eine andere Strecke.
Und schon bald danach konnte man den Gletscher nur noch erahnen, weit oben sah man nur noch die Spitze des Rofenkarferners, die Wildspitze als höchster Berg Tirols war gar nicht mehr zu sehen.
Aber vor uns lag die Breslauer Hütte, die leider geschlossen hatte - nur das Winterlager war geöffnet, hier hätte man auch übernachten können.
Die Breslauer Hütte ist riesig.
Von der Breslauer Hütte führt ein Weg direkt zurück nach Vent, es soll ja auch einen Lift geben ... wir liefen ins Tal ... (der Lift war geschlossen).
Die Rofenhöfe ... hier stand unser Auto, aber wir gingen mit Reinhard noch ins Gasthast Rofenhof ... das hatten wir uns verdient:-).
Der steile Weg zur Breslauer Hütte führt parallel zu diesem Flußlauf nach oben ... sehen kann man von hier aus weder Gletscher noch Hütte.
Wir quatschten noch ein Stückchen mit Reinhard ... und auch jetze nochmals Danke, Reinhard ... du hast uns sehr gut und sicher geführt und hast uns jede Menge nützliche Tipps gegeben, es war eine sehr schöne Tour!

Auch nochmals Danke an die Familie Scheiber, die wieder geduldig mit unseren Sonderwünschen umgegangen ist ... wir kommen gerne wieder!
Sehr zufrieden ... fuhren wir wieder aus dem Tal in Richtung Längenfeld zum Campingplatz ... wir schmiedeten schon wieder große Pläne für den nächsten Tag.
Von Längenfeld aus fuhren wir nach Sölden, dann nach Vent und schließlich zu den Rofenhöfen. Aber dort gingen wir zu Fuß, die Lifte waren außer Betrieb. Das Höhenprofil zeigt nur den Heimweg und geht deswegen talwärts: gut 1000 Meter Höhenunterschied bewältigten wir mit dem Auto ...


Zu Fuß ging es weiter zum Rofenkarferner, der an der Wildspitze liegt: auf dem Heimweg kamen wir an der Breslauer Hütte vorbei ... aber zu Fuß legten wir nochmals 1000 Meter Höhenunterschied zurück ... und wir als geübte Flachländer ... hatten natürlich daran zu kämpfen.

zum 1. Tag: Klettersteig Reinhard Schiestl
zum 3. Tag: Klettersteig Pockkogel

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